Der Bundesrat hat dem so genannten Rettungsübernahmegesetz zugestimmt. Damit ist als allerletztes Mittel eine zeitlich befristete Enteignung einer systemrelevanten Bank möglich, um deren Existenz zu retten. Letztendlich geht es darum, die gesamte Volkswirtschaft vor größerem Schaden zu bewahren und das Geld der Steuerzahler zu sichern.
Die Bundesregierung hatte das Rettungsübernahmegesetz zusammen mit der Ergänzung des so genannten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes im Februar beschlossen. Der Bund rettet also nicht einzelne Bankhäuser, sondern sorgt für ein stabiles Finanzsystem: Um einen Domino-Effekt zu verhindern. Es geht nicht darum, den staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft zu erweitern. Es geht darum, das, was an öffentlichen Mitteln bereitgestellt ist, im Interesse der Steuerzahler abzusichern. Beim Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) strebt der Bund nun die 100-prozentige Kontrollmehrheit an. Die Bundesregierung will so verhindern, dass die HRE in eine Lage gebracht wird, die nicht nur den deutschen, sondern auch die internationalen Märkte erschüttern würde. Die Bundeskanzlerin hatte dieses Vorgehen des Staates in dieser besonderen Lage als „alternativlos“ bezeichnet. Der Bund hat zur Stabilisierung der Bank mittlerweile Bürgschaften in Höhe von 87 Milliarden Euro gegeben. Diese Garantien gilt es zu sichern. Die HRE ist vor allem auf dem Pfandbriefmarkt eine wichtige, systemrelevante Bank. Sie finanziert zahlreiche öffentliche Investitionen. Dabei refinanziert sie das Kapital unter anderem mit Anleihen von Versicherungen. Müsste die HRE tatsächlich aufgeben, wäre das mit gravierenden Folgen für die gesamte Volkswirtschaft verbunden. Deshalb wird derzeit pragmatisch geprüft, wie das Institut stabil und die Belastung der Steuerzahler möglichst gering gehalten werden kann. Um beide Ziele zu erreichen, muss der Bund die Kontrollmehrheit über die HRE bekommen. Die Bundesregierung wird alles versuchen, um einen Enteignungsschritt zu vermeiden. Die gesetzliche Regelung hierfür ist notwendig, um im schlimmsten Fall schnell handeln zu können.
Alle Möglichkeiten müssen geprüft und auch in Gang gesetzt werden, die eine Kontrollübernahme des Bundes über eine solche Bank mit milderen Mitteln ermöglichen. Das Ergänzungsgesetz sieht dafür gesellschaftsrechtliche Erleichterungen vor.
In einer ersten Stufe ist ein so genannter Kapitalschnitt mit anschließender Kapitalerhöhung erforderlich. Die dafür erforderlichen Mehrheiten in der Hauptversammlung werden daher gesetzlich gesenkt. Außerdem kann die Hauptversammlung innerhalb einer verkürzten Frist von einem Tag einberufen werden. Das Gesetz enthält zudem zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen Aktionäre, die eine für den Fortbestand der Gesellschaft erforderliche Kapitalmaßnahme verzögern oder vereiteln.
Die zweite Stufe – also die Verstaatlichung – kommt erst in Betracht, wenn die übrigen, milderen, rechtlich und wirtschaftlich zumutbaren Lösungen für den Erhalt des Unternehmens gescheitert sind.
Eine Enteignung ist also nur möglich, wenn zuvor in der Hauptversammlung die für eine entsprechende Kapitalmaßnahme notwendige Mehrheit nicht erreicht wurde. Die Entschädigung der Aktionäre bei einer Enteignung richtet sich allein nach dem Börsenkurs. Die Bundesregierung will damit nicht das Modell der sozialen Marktwirtschaft aushöhlen. Die Möglichkeit, ein Enteignungsverfahren einzuleiten, endet zum 30. Juni 2009. Die Option der Verstaatlichung steht somit nicht auf Dauer zur Verfügung. Sie soll allein zur Bewältigung der Finanzkrise zulässig sein. Würde die Möglichkeit zur Verstaatlichung tatsächlich genutzt, so ist das Unternehmen nach seiner nachhaltigen Stabilisierung unverzüglich wieder zu privatisieren.