Neue Urteile der Oberlandesgerichte Köln (Urteil vom 11.09.2009, Az. 19 U 64/09) und Celle (Urteil vom 10.12.2009, Az. 11 U 50/09) stellen die in vielen Finanzvertrieben gängige Praxis, freiberuflichen Mitarbeitern die Kosten für Software, Visitenkarten oder hauseigene Kundenzeitschriften zu berechnen, auf den Prüfstand. Geklagt hatten Berater der Zürich-Tochter Bonnfinanz und der AWD.
Beide Oberlandesgerichte begründeten ihre Urteile mit § 86a HGB, wonach der Unternehmer dem Handelsvertreter wichtige Unterlagen wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen oder Geschäftsbedingungen zur Verfügung stellen muss. Der Begriff „wichtige Unterlagen“ ist dabei nach Ansicht der Oberlandesgerichte weit auszulegen. Neben Musterstücken seien auch „spezielle, die konkrete Vertriebstätigkeit im Einzelfall betreffende Computersoftware und umfassendes Werbematerial“ erfasst. Insbesondere sei die Aufzählung in § 86a Abs. 1 HGB nicht abschließend.
Das Urteil des OLG Celle ist noch nicht rechtskräftig. Ein Sprecher der AWD kündigte bereits an, in Revision vor den BGH zu ziehen. Sollte der BGH das Urteil bestätigen, müssten die Vertriebe ihre Kalkulation anpassen, da sie ihren Mitarbeitern die Kosten auch zukünftig nicht berechnen dürften. Zudem steht dann sowohl ehemaligen als auch aktiven Handelsvertretern die Möglichkeit offen, ihre Kostenabrechnung bis zu 3 Jahren rückwirkend beanstanden zu können.