Der für das Bankrecht zuständige 11. Senat des Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die einem Ehepartner erteilte „transmortale“ Kontovollmacht grundsätzlich weder zu Lebzeiten des Erblassers noch nach seinem Tod zur Umschreibung des Kontos auf den Bevollmächtigten berechtigt (BGH Urteil vom 24.03.2009, XI ZR 191/08).
Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der in 2006 verstorbene Vater des Klägers unterhielt zu Lebzeiten ein Girokonto bei der beklagten Sparkasse. In 2004 erteilte der Erblasser seiner damaligen Ehefrau eine Vollmacht über sein Girokonto, wozu er eine von der Beklagten für ihre Kunden entworfene Urkunde verwendete. Danach sollte die Vollmacht auch über den Tod hinaus gelten und die Bevollmächtigte das Recht zur „unbeschränkten Verfügung“ über das Konto erhalten. Alleinerbe des Erblassers ist der Kläger. Nach dem Tod des Erblassers schrieb die beklagte Sparkasse am 05.07.2006 das Girokonto mit einem Guthaben in Höhe von € 3.874,35 auf Weisung der bevollmächtigten Ehefrau auf deren Namen um. Danach verlangte der Kläger von der Beklagten Auszahlung des ehemaligen Kontoguthabens. Die Beklagte verweigerte dies mit der Begründung, dass sie erst jetzt von der Erbenstellung des Klägers erfahren habe und außerdem wegen der umfassenden Vollmacht zur Umschreibung des Kontos auf die Bevollmächtigte berechtigt gewesen sei. Der Kläger widerrief in 2007 die Vollmacht.
Das erstinstanzlich angerufene Amtsgericht Mönchengladbach wies die Klage auf Zahlung in Höhe von € 3.784,35 ab. Auf die Berufung des Klägers gab das Landgericht Mönchengladbach der Klage in voller Höhe statt.
Der BGH wies nunmehr die Revision der Beklagten zurück und begründete seine Entscheidung folgendermaßen:
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch aus § 700 BGB in Verbindung mit §§ 488 ff. BGB zu, da der Girovertrag des Erblassers, in welchem der Kläger als dessen Alleinerbe im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Abs. 1 BGB eingetreten ist, durch die von der Bevollmächtigten veranlassten Umschreibung des Girokontos auf ihren Namen nicht aufgelöst worden sei, weil der damit beabsichtigte Gläubigerwechsel von der transmortalen Vollmacht nicht erfasst werde.
Der BGH führt zunächst aus, dass eine Kontovollmacht dem Bevollmächtigten im Allgemeinen nicht das Recht gibt, das Konto ohne Beteiligung des Vollmachtgebers aufzulösen oder auf eine andere Art und Weise in dessen Vertragstellung einzugreifen. Der Inhaber einer Kontovollmacht, der – anders als etwa der Mitinhaber eines Oderkontos – selbst nicht Forderungsinhaber ist, sei grundsätzlich nicht befugt, die vertragliche Rechtsstellung des vertretenen Kontoinhabers aufzugeben oder zu verändern.
Für eine transmortale Kontovollmacht unter Eheleuten ergibt sich nach der Auffassung des BGH keine andere rechtliche Beurteilung. Der BGH lehnt die in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur zum Teil vertretene Meinung ab, wonach der bevollmächtigte Ehepartner in aller Regel berechtigt sein soll, das Konto des Vollmachtgebers nach dessen Tod auf sich umschreiben zu lassen, da eine derartige Vollmacht die finanzielle Absicherung des überlebenden Ehepartners bezwecke. Zwar wolle der Vollmachtgeber – so der BGH – seinen Ehepartner mit Hilfe der Kontovollmacht über den Tod hinaus gewöhnlich in die Lage versetzen, bestimmte Rechtshandlungen unabhängig von dem Willen des Erben vornehmen zu können. Bis zum Widerruf der Vollmacht durch den Erben soll daher im Zweifel allein der ausdrückliche und mutmaßliche Wille des Erblassers und nicht der des Erben für den Bevollmächtigten maßgeblich sein. Daraus sei aber nicht im Wege der Auslegung zu schließen, dass der Bevollmächtigte nach dem Willen des Erblassers das Recht erwerben soll, nach dessen Tod im Wege der Umwandlung des Girokontos einen Gläubigerwechsel zum Nachteil des Erben herbeizuführen. Auch könne einer transmortalen widerruflichen Vollmacht nicht ohne Weiteres die Bedeutung beigelegt werden, hiermit den überlebenden Ehepartner in gewisser Weise finanziell abzusichern. Hierfür gibt es geeignetere Mittel wie etwa die Erbeinsetzung, die Aussetzung eines Vermächtnisses oder die Schenkung unter Lebenden bzw. von Todes wegen.
Der BGH stellt zudem klar, dass sich aus dem Hinweis, dass es dem bevollmächtigten Ehepartner auch möglich war, durch eine schlichte Überweisung über das Kontoguthaben zu verfügen, keine andere rechtliche Beurteilung ergibt. Zwar möge die Vollmacht bis zu deren Widerruf den Bevollmächtigten berechtigten, über das komplette Kontoguthaben durch eine schlichte Überweisung zu verfügen. Gleichwohl bleibt es dabei, dass der Bevollmächtigte den Erblasser bzw. dessen Rechtsnachfolger als seinen Erben durch eine Umwandlung des Kontos aus der girovertraglichen Rechtsstellung nicht verdrängen kann und auch keinen Gläubigerwechsel herbeiführen darf. Die für das Schadenersatzrecht entwickelte Rechtsfigur des rechtmäßigen Alternativverhaltens – hier eine Verfügung über das bloße Kontoguthaben – ist dem Vertretungsrecht fremd und komme als Auslegungshilfe nicht in Betracht.
Schlussendlich kann aus dem in der Vollmachtsurkunde verwendeten Begriff der „unbeschränkten Verfügung“ nicht herausgelesen werden, dass hier dem Bevollmächtigten eine Umschreibung des Girokontos erlaubt werden sollte.
Der Begriff der „unbeschränkten Verfügung“ bezieht sich vielmehr auf Zahlungsvorgänge, die der Bevollmächtigte veranlassen kann.