Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 13.12.2012 (Az. III ZR 298/11), dass die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Beratungsfehler eines Anlageberaters sich nicht schon draus herleiten lasse, dass der Ehegatte des Anlegers den Anlageprospekt nach Einstellung der prospektierten Ausschüttungen „genau durchgelesen“ habe. Die dabei gewonnen Erkenntnisse müsse sich der Anleger nur dann zurechnen lassen, wenn der Ehegatte als Wissensvertreter des Anlegers tätig geworden sei. Dies setzte nach Ansicht des BGH voraus, dass ihm die Kenntnisnahme bestimmter Tatsachen übertragen worden sei. Allein aus dem Umstand der Ehe darf die Übertragung nicht vermutet werden.
Der Entscheidung liegt die Klage eines Anlegers zugrunde, der 1995 auf Empfehlung des Beklagten eine Beteilung als atypisch stiller Gesellschafter mit einem Umfang von insgesamt DM 62.880,00 (inkl. 5 % Agio) zeichnete. Die Zeichnungssumme wurde in Raten entrichtet. Diese Ratenzahlungen stellte der Kläger im Februar 2002 ein, nachdem die regelmäßigen Ausschüttungen aus der Beteiligung geendet hatten. Im Juni 2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Anlagegesellschaft eröffnet.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadenersatz in Anspruch und behauptet, er habe ihn fehlerhaft beraten. Der Beklagte sei als Anlageberater zu qualifizieren. Zudem habe er die Anlage als risikolose Kapitalanlage zur Altersvorsorge dargestellt und nicht ausreichend über diverse Risiken aufgeklärt. Der Beklagte macht geltend, er sei lediglich als Anlagevermittler aufgetreten. Seine Aufklärungspflichten habe er dabei nicht verletzt. Überdies erhob er die Einrede der Verjährung. Die Vorinstanzen wiesen die Klage wegen Verjährung ab. Es war unstreitig, dass die Ehefrau des Anlegers in 2002 den Anlageprospekt gelesen und spätestens ab diesem Zeitpunkt die verjährungsrelevante Kenntnis vorlag. Diese müsse sich der Ehemann zurechnen lassen. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück. Der BGH entschied, dass das Berufungsgericht das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nicht richtig festgestellt hat.
Zur Begründung führten die Richter aus, der Kläger müsse sich die Lektüre des Anlageprospektes durch seine Ehefrau und ihre hieraus gewonnenen Erkenntnisse nicht als eigene zurechnen lassen. Es komme hinsichtlich der Kenntnis der für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Umstände grundsätzlich auf die Person des Anspruchsinhabers selbst an. Dieser muss sich das Wissen eines Dritten nur dann entsprechend § 166 Abs. 1 BGB als eigenes zurechnen lassen, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut hat. Dies gelte insbesondere dann, wenn er ihm im Zusammenhang mit der Verfolgung des Anspruchs die Kenntnisnahme bestimmter Tatsachen übertragen habe. In diesen Fällen sei der Dritte als „Wissensvertreter“ des Anspruchsinhabers zu behandeln. Die hierauf gegründete Zurechnung umfasse nicht nur das positive Wissen des Wissensvertreters, sondern auch dessen leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis.
Diese Grundsätze behielten Geltung, obwohl es sich um den Ehegatten des Anspruchsinhabers handelt. Die Auffassung, wonach sich Eheleute in Bezug auf den Verjährungsbeginn etwa stets wechselseitig ihre Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis zurechnen lassen müssten, finde im geltenden Recht keine Grundlage. Sie liefe zudem auf eine verfassungsrechtlich unzulässige Benachteiligung Verheirateter (Art. 6 Abs. 1 GG) hinaus.
Nach Ansicht der Richter kommt es für die Frage der Zurechnung demnach maßgeblich darauf an, ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Wissensvertretung vorliegen. Diese Voraussetzungen hat der BGH hier verneint. Es genüge nicht sogar nicht, dass die Kapitalanlage unter Mitwirkung der Ehefrau und im gemeinsamen Interesse der Altersvorsorge beider Ehegatten gezeichnet wurde. Vielmehr hätte der Kläger seine Ehefrau explizit mit der Verfolgung der hier in Rede stehenden Schadenersatzansprüchen und der Kenntnisnahme des Prospektes betrauen müssen. Die willentliche und bewusste Einschaltung des Ehegatten als Wissensvertreter des Anspruchsinhabers dürfe nicht schlicht vermutet werden, sondern müsse auf der Grundlage hinreichend tragfähiger Anhaltspunkte festgestellt werden. Dies ist nun die Aufgabe des Berufungsgerichts.