BGH: Vertretung einer AG gegenüber ausgeschiedenem Vorstand

2019-04-11T12:52:53+00:0016. Februar 2009|

Eine Aktiengesellschaft wird in einem Prozess mit einem Vorstandsmitglied – auch nach dessen Ausscheiden – ausschließlich durch ihren Aufsichtsrat vertreten. Der Aufsichtsrat kann im Prozess – auf der Grundlage einer ausdrücklichen Beschlussfassung die bisherige Prozessführung des Vorstands genehmigen. Die Genehmigung kann auch schlüssig erklärt werden. Dies hat der BGH in seinem Urteil vom 16.02.2009 AZ: II ZR 282/07 klargestellt.

Der Kläger des der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreits war seit 2004 Vorstandsmitglied der beklagten Aktiengesellschaft und bezog eine monatliche Vergütung in Höhe von € 12.000,00. Der Aufsichtsrat der Beklagten beschloss am 24.11.2005, den Kläger mit Wirkung zum 30.11.2005 als Vorstandsmitglied abzuberufen und den Kläger mit sofortiger Wirkung freizustellen. Darauf hin hat der Kläger gegen die Beklagte, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, Klage auf Zahlung der Vorstandsvergütung von Dezember 2005 bis einschließlich September 2006 erhoben.

In erster Instanz erteilte das Landgericht Kiel den Hinweis, dass die Beklagte nach § 112 AktG gegenüber dem Kläger durch den Aufsichtsrat vertreten werde und berichtigte auf Antrag des Klägers die Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters im Rubrum. Eine erneute Zustellung der Klage an den nunmehr als gesetzlichen Vertreter bezeichneten Aufsichtsrat der Beklagten, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, hat das Landgericht nicht veranlasst. Der vom Vorstand der Beklagten bestellte Prozessbevollmächtigte vertrat die beklagte Aktiengesellschaft auch im weiteren Verfahren bis zum Ende der zweiten Instanz.

Das Landgericht gab der Klage über insgesamt € 120.000,00 in Höhe von € 48.000,00 statt und wies die Klage im Übrigen ab. Das Berufungsgericht hat der Klage auch hinsichtlich des abgewiesenen Teils stattgegeben. Der BGH hob auf Revision der Beklagten das Berufungsurteil auf und ordnete die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung mit der Maßgabe an, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist, soweit das Landgericht der Klage nicht stattgegeben hat. Der Bundesgerichtshof hält die Klage bereits für unzulässig, da die beklagte Aktiengesellschaft in dem Rechtsstreit nicht nach den Vorschriften der Gesetze vertreten sei.

Zunächst stellt der BGH klar, dass eine Aktiengesellschaft gemäß § 112 AktG gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten wird. Dies gelte auch gegenüber ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern, um eine unvoreingenommene, von sachfremden Erwägungen unbeeinflusste Vertretung der Gesellschaft ihnen gegenüber sicherzustellen, ohne dass es darauf ankomme, ob die Gesellschaft im Einzelfall auch vom Vorstand angemessen vertreten werden könnte. Die beklagte Aktiengesellschaft sei damit im vorliegenden Rechtsstreit nicht ordnungsgemäß vertreten, weil die Klage gegen die Beklagte, vertreten durch den Vorstand, erhoben und an den Vorstand, nicht jedoch an den alleinvertretungsberechtigten Aufsichtsrat zugestellt worden sei.

Ferner verneint der Bundesgerichtshof eine Heilung dieses Vertretungsmangels. Eine an sich mögliche Heilung des Vertretungsmangels sei nicht durch die vom Landgericht vorgenommene Berichtigung des Rubrums eingetreten, da die bloße Änderung des Rubrums nicht genüge, um einen Vertretungsmangel zu heilen. Vielmehr sei für die Heilung des Vertretungsmangels erforderlich, dass der Aufsichtsrat zum einen die Prozessführung des nicht vertretungsberechtigten Vertreters genehmigt und zum anderen als gesetzlicher Vertreter in den Prozess eintritt. Beide Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt worden. Denn der Aufsichtsrat der Beklagten ist nicht als gesetzlicher Vertreter in dem Prozess eingetreten. Das Handeln des Prozessbevollmächtigten, den der Vorstand der Beklagten mit der Prozessvertretung beauftragt hatte, könne auch nicht dem Aufsichtsrat zugerechnet werden. Insbesondere stand der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ausschließlich mit den Vorstandsmitgliedern in Verbindung. Auch hat der Aufsichtsrat die Prozessführung des Vorstands weder ausdrücklich noch konkludent bzw. stillschweigend genehmigt. Zwar sei auf der Grundlage einer ausdrücklichen Beschlussfassung des Aufsichtsrats die Erteilung einer solchen Genehmigung im Prozess auch schlüssig möglich. Dies sei beispielsweise dann anzunehmen, wenn sich der Aufsichtsrat aktiv mit dem Verfahren befasst und steuernd in dieses eingegriffen hat. Ein derartiges Verhalten war aber im vorliegenden Fall nicht festzustellen.