BGH: Abgrenzung Vorsatz-Fahrlässigkeit bei Beteiligungen

2019-03-12T12:16:23+00:0020. Dezember 2011|

Mit Urteil vom 20.12.2011, Az. VI ZR 309/10, entschied der Bundesgerichtshof, dass es für die Annahme des bedingten Vorsatzes nicht reicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen. In diesen Fällen liegt nur Fahrlässigkeit vor. Für einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 264a StGB, § 826 BGB reicht dies nicht.

Der Kläger beteiligte sich im Jahr 2000 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von € 200.000,00 DM zzgl. Agio in Höhe von 5 % an dem Filmfonds Vif Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co. Dritte KG (nachfolgend: Vif 3). Die Beklagte hatte im Rahmen der Konstituierung des Filmfonds verschiedene Aufgaben übernommen, darunter die Eigenkapitalvermittlung, die Erstellung des Prospektentwurfs und Beratungsleistungen. Nach den Angaben im Prospekt sollten die Filmproduktionen durch den Abschluss von Erlösausfallversicherungen abgesichert werden. Im Jahr 2002 geriet der Filmfonds im Zusammenhang mit der Insolvenz des Produktionsdienstleisters in wirtschaftliche Schwierigkeiten. An den Produktionsdienstleister überwiesene Gelder waren nicht zurückzuerlangen. Es stellte sich heraus, dass keine Erlösausfallversicherungen für die einzelnen Produktionen abgeschlossen worden waren, sondern lediglich ein Rahmenvertrag (cover-note“) mit einer Versicherung bestand, der den späteren Abschluss von Einzelerlösausfallversicherungen vorsah.

LG und OLG wiesen die auf Rückzahlung der geleisteten Einlage Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Beteiligung gerichtete Klage ab. Auch die Revision des Klägers blieb vor dem BGH erfolglos.

Die Richter entschieden, für eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB, § 826 BGB fehle dem Geschäftsführer der Beklagten der erforderliche Vorsatz. Der Vorsatz sei geprägt durch ein „Wissens- und Wollenselement“. Der Handelnde müsse die Umstände, auf dies sich der Vorsatz beziehe, gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen habe. Nicht ausreichend sei, wenn ein vernünftig denkender Dritter in der Situation des Beklagten über Erkenntnisse in Bezug auf die relevanten Tatumstände verfügt hätte oder hätte verfügen müssen, auf Grund derer auf der Hand läge, dass für ein vertrauen in das Ausbleiben des tatbestandlichen Erfolgs kein Raum sei.

Der bedingte Vorsatz (nur dieser kam vorliegend in Betracht) setze voraus, dass der Handlende die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf nahm. Nicht ausreichend sei, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kenn können oder kennen müssen. Dies rechtfertige allenfalls die Fahrlässigkeit.

Zwar sind von den materiellen Voraussetzungen des bedingten Vorsatzes die Anforderungen zu unterscheiden, die an seinen Beweis zu stellen sind. Im Rahmen des § 826 BGB kann sich aus der Art und Weise des sittenwidrigen Handelns ergeben, dass ein Schädigungsvorsatz vorlag. Im Einzelfall kann es beweisrechtlich auch nahe liegen, dass der Schädiger einen pflichtwidrigen Erfolg gebilligt hat, wenn er sein Vorhaben trotz starker Gefährdung des betroffenen Rechtsguts durchführt, ohne auf einen glücklichen Ausgang vertrauen zu können, und es dem Zufall überlässt, ob sich die von ihm erkannte Gefahr verwirklicht oder nicht. Allerdings kann der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nicht allein das Kriterium für die Frage sein, ob der Handelnde mit dem Erfolg auch einverstanden war. Vielmehr ist immer eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles erforderlich.