Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 20.01.2009 (AZ: XI ZR 510/07) klargestellt, dass der in seinem Urteil vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226 ff.) aufgestellte Grundsatz, wonach Kunden im Rahmen einer Anlageberatung durch eine Bank über etwaige Rückvergütungen in Form von Vertriebsprovisionen unabhängig von deren Höhe aufzuklären sind, auch auf den Vertrieb von Medienfonds durch eine Bank anwendbar ist.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte sich ein Anleger aufgrund der Empfehlung der ihn beratenden Bank mit einer Kommanditeinlage von € 50.000,00 nebst 5 % Agio an einem Filmfonds beteiligt und diese für € 11.350,00 veräußert, nachdem der Filmfonds in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war. Der Anleger nahm daraufhin die Bank wegen des Verlustes in Höhe von € 41.150,00 auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch. Der Anleger begründete seine Klage damit, dass die Bank ihn anlässlich des Beratungsgespräches nicht darüber aufgeklärt habe, dass das Agio, das nach dem Prospekt an die Herausgeberin des Fonds zu zahlen war, aufgrund einer Vermittlungsvereinbarung in voller Höhe als Rückvergütung an die beklagte Bank zurückgeflossen sei und noch weitere Provisionen an diese gezahlt worden seien.
Das Landgericht Magdeburg hatte die Klage abgewiesen und das OLG Naumburg sodann unter Nichtzulassung der Revision die Berufung des Klägers unter anderem mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Beklagte nicht zur Aufklärung über die Innenprovision verpflichtet gewesen sei, weil diese weniger als 15 % ausgemacht habe. Diese Begründung weist der BGH in seinem Beschluss zurück, da sie sich lediglich auf die Informationspflicht aus einem Anlagevermittlungs- und Auskunftsvertrag nicht aber aus einem Beratungsvertrag bezieht. Zwischen dem Anleger und der Bank war jedoch – so der BGH – nicht lediglich ein Anlagevermittlungs- und Auskunftsvertrag sondern ein Beratungsvertrag zustande gekommen, der die Bank zur Aufklärung über Rückvergütungen entsprechend den Grundsätzen des Senatsurteils vom 19.12.2006 (BGHZ 170, 226, 234 Tz.23) verpflichte.
Der BGH stellt damit fest, dass das genannte Senatsurteil (BGHZ 170, 226 ff.), welches für die beratende Bank eine Offenlegungspflicht von Rückvergütungen bei dem Vertrieb von Aktien und Investmentfonds und damit Wertpapieren im Sinne des Wertpapierhandelgesetzes begründete, auch auf den Vertrieb von geschlossenen Medienfonds anwendbar ist. Bei der Offenlegung von Rückvergütungen an den Bankberater gehe es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen wird. Deshalb sei es geboten, den Anleger über etwaige Rückvergütungen und zwar unabhängig von der Vergütungshöhe aufzuklären, wobei es keinen Unterschied mache, ob der Bankberater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt, da der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt in beiden Fällen gleich sei.
Anmerkung
Dass nunmehr, wie mehreren Presseveröffentlichungen zu entnehmen ist, die gesamte Finanzbranche umfangreiche Schadenersatzverpflichtungen träfe, erscheint aus folgenden Gründen zweifelhaft:
Zunächst ist festzuhalten, dass die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nur dann bestehen soll, wenn ein Beratungsvertrag zwischen der Bank und dem Anleger und nicht lediglich ein Anlagevermittlungs- und Auskunftsvertrag vorliegt.
Weiter fällt auf, dass sich die Entscheidungen des BGH vom 19.12.2006 und vom 20.01.2009 jeweils nur auf die Beratung durch eine Bank beziehen. Demzufolge dürfte eine Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht ohne weiteres auf den bankunabhängigen freien Vertrieb zu übertragen sein.
Zudem kann nicht bereits immer dann, wenn eine Aufklärung über Rückvergütungen durch den Anlageberater im Beratungsgespräch unterblieben ist, automatisch von einer Aufklärungspflichtverletzung ausgegangen werden. Die Besonderheit des Sachverhalts, über den der BGH am 20.01.2009 zu entscheiden hatte, bestand darin, dass eine Provisionszahlung an die Bank bzw. Dritte in dem Prospekt nicht ausdrücklich ausgewiesen war. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit die jetzt begründete Aufklärungspflicht auf die Rückvergütung bei geschlossenen Fonds durch entsprechenden Hinweis in dem Fondsprospekt und/oder der Beitrittserklärung erfüllt werden kann. Diesbezüglich bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.
Weiter muss im Einzelfall geprüft und vom Anleger bewiesen werden, ob eine etwaige unterbliebene Aufklärung über die Rückvergütungen im Sinne der neuesten BGH Rechtsprechung ursächlich für die Beitrittsentscheidung des Anlegers war. Hierfür trägt grundsätzlich der Anleger die Beweislast. Eine Kausalitätsvermutung, also die sog. Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens greift nur dann ein, wenn es nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhalten gegeben hat. Sie greift hingegen nicht, wenn eine Aufklärung zu einem Entscheidungskonflikt beim Anleger geführt hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab. Entscheidend dürfte also sein, ob eine auf der allgemeinen Lebenserfahrung beruhende Vermutung dafür besteht, dass ein Kunde bei Kenntnis über die Vergütung der beratenden Bank von der empfohlenen Beteiligung an dem geschlossenen Fonds Abstand genommen hätte. Man kann mit guten Gründen vertreten, dass eine derartige allgemeine Lebenserfahrung nicht besteht. Denn Anleger, die ohnehin damit rechnen müssen, dass die beratende Bank eine Vergütung für den Vertrieb derartiger Kapitalanlagen erhält, verzichten in der Regel nicht deshalb auf den Erwerb derartiger Anlagen und der damit beabsichtigten Ziele, weil sie darüber aufgeklärt sind, dass und in welcher Höhe die beratende Bank eine Vergütung erhält. Nicht zuletzt die Motivation der entsprechenden Zeichner von geschlossenen Medienfonds dürfte eine Rolle spielen, welche bekanntermaßen vor allem darin bestand, möglichst hohe Verlustzuweisungen und damit Steuererstattungen zu erhalten. Dass derart motivierte Anleger auf die oftmals die Rückvergütung um ein Vielfaches übersteigenden Steuervorteile verzichtet hätten und von der Beteiligung Abstand genommen hätten, erscheint nicht lebensnah und ist nicht geeignet, hieraus eine allgemeine Lebenserfahrung abzuleiten. Anderes mag dann gelten, wenn die Rückvergütungen eine Höhe erreichen, die den wirtschaftlichen Erfolg der Anlage gefährdet, den Durchschnitt der branchentypischen Vergütungen weit überschreiten und mit denen der Anleger daher nicht rechnen musste.
Zudem dürfte es bei einer vor Veröffentlichung des BGH-Beschlusses vom 20.01.2009 erfolgten Anlageberatung und Zeichnung an dem für den Schadenersatzanspruch erforderlichen Verschulden der beratenden Bank – sei es Vorsatz oder Fahrlässigkeit – fehlen. Vorsatz setzte voraus, dass der Bankberater die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens kannte. Die bei der Bankberatung nunmehr auch bei geschlossenen Fonds zu beachtende Offenlegungs- und Aufklärungspflicht über Rückvergütungen wurde erst mit Beschluss des BGH vom 20.01.2009 eingeführt. Zuvor kannte eine beratende Bank diese Verpflichtung nicht. Fahrlässigkeit dürfte ebenfalls bei einer Anlageberatung vor dem 20.01.2009 zu verneinen sein. Für die beratende Bank war vor diesem Zeitpunkt eine Pflicht zur gesonderten Aufklärung über Rückvergütungen weder vorhersehbar noch erkennbar. Jedenfalls dürfte sie sich in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden haben, wie der jüngste Beschluss zeigt. Selbst den Instanzgerichten war dies zuvor nicht bekannt. Eine Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit und damit der Pflichtwidrigkeit einer unterbliebenen Aufklärung über Rückvergütungen durch Banken bei geschlossenen Fonds dürfte damit erstmalig ab der Veröffentlichung des Beschlusses des BGH vom 20.01.2009 gegeben sein.