Lehman Zertifikate: Besonderer Hinweis auf Totalverlustrisiko?

2019-04-11T12:36:46+00:0028. November 2008|

Im Dezember 2006 und damit vor Ausbruch der Subprime-Krise musste die beratende Bank nicht vor der ausgesprochen fern liegenden Möglichkeit warnen, dass die Investmentbank Lehman Brothers als Emittentin bzw. Garantin einer Geldanlage insolvent werden könnte. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main in seiner Entscheidung vom 28.11.2008 (AZ: 2-19 O 62/08) festgestellt.

Das Landgericht Frankfurt hat die Klage von zwei Bankkunden gegen eine Bank abgewiesen, welche den Klägern im Dezember 2006 Zertifikate empfohlen hatte, für welche die seit September 2008 insolvente Investmentbank Lehman Brothers Garantiegeberin war. In dem Beratungsgespräch wurde nicht gesondert auf ein Totalverlustrisiko im Falle einer etwaigen Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers hingewiesen. Die Kläger erhielten von dem Bankberater jedoch eine Verkaufsunterlage über die Zertifikate, in welcher an mehreren Stellen darauf hingewiesen wurde, dass die Rückzahlung unter anderem auch von der Bonität der Emittentin bzw. der Garantiegeberin abhängt und aus der sich ergab, dass der Erwerb des Zertifikats mit Kosten und Gebühren verbunden war.

Das Landgericht verneint eine fehlerhafte Anlageberatung und nimmt vielmehr eine anleger- und anlagegerechte Beratung der Bank an. Insbesondere sei zum Zeitpunkt des Beratungsgespräches auch das Bonitätsrisiko der Emittentin des Zertifikats rein theoretischer Natur gewesen. Das Landgericht stellt weiter fest, dass die Kläger ausreichend informiert waren, da die Verkaufsunterlagen Hinweise über die Entwicklung der dem Zertifikat zugrunde liegenden Indizes und die Möglichkeit eines etwaigen Totalverlustes durch die Insolvenz der Emittentin bzw. Garantiegeberin enthielten. Eine generelle Pflicht zur Aufklärung über das Risiko eines Totalverlustes- so führt das Landgericht unter Berufung auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt – besteht für die beratende Bank nicht. Der Umfang der Verpflichtung zum Hinweis auf einen möglichen Totalverlust richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Eines hervorgehobenen Hinweises auf die Möglichkeit eines Totalverlust wegen einer möglichen Insolvenz der Emittentin bedurfte es zum Zeitpunkt des Verkaufs der Zertifikate im Dezember 2006 – und damit geraume Zeit vor der sogenannten „Subprime“-Krise – im Hinblick auf die Bedeutung der Emittentin als renommierter Investmentbank nicht. Schließlich hat sich aus der Verkaufsunterlage ausreichend ergeben, dass der Erwerb des Zertifikats mit Kosten und Gebühren verbunden ist. Letztlich waren die Kläger durch die in den Verkaufsunterlagen erteilten Hinweise jederzeit in der Lage gewesen, Nachfragen an die Beklagte zu richten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Kläger haben Berufung vor dem OLG Frankfurt am Main eingereicht.

Urteil LG Frankfurt am Main vom 28.11.2008