Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe muss ein Treuhandkommanditist die Anleger eines geschlossenen Immobilienfonds darüber aufklären, dass Ausschüttungen trotz Anlaufverluste im Krisenfall zu einer Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft führen, bzw. an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlen sind.
Geschlossene Immobilienfonds zeichnen sich teilweise dadurch aus, dass die Anleger in der Anfangsphase bereits eine jährliche Ausschüttung erhalten, obwohl die Gesellschaft noch keinen Gewinn erzielt. Im Falle der Insolvenz des Immobilienfonds hat der Anleger solche Ausschüttungen zurückzuzahlen. Ist ein Treuhandkommanditist dazwischengeschaltet, dann haftet dieser dem Insolvenzverwalter. Er hat jedoch einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Anleger. Den Anspruch kann er an den Insolvenzverwalter abtreten. Der Anleger kann dem Insolvenzverwalter allerdings alle Einwendungen aus dem Verhältnis mit dem Treuhändler entgegenhalten.
Das OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.08.2009 – 4 U 9/08) hat jetzt entschieden, dass der Treuhandkommanditist eines geschlossenen Immobilienfonds die Anleger bereits vor Zeichnung der Einlagen darüber aufklären muss, dass Ausschüttungen trotz Anlaufverluste im Krisenfall an den Insolvenzverwalter zurückzuzahlen sind. Unterlässt er die Aufklärung, macht er sich Schadenersatzpflichtig aus culpa in contrahendo (§ 311 Abs. 2 BGB).
Das Gericht leitet die Aufklärungspflichten aus der Stellung der Treuhandkommanditistin einer Publikums-KG, sowie aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ab. Danach hat der Treuhandkommanditist „die Interessen der Treugeber (Anleger) sachverständlich wahrzunehmen und alles Erforderlich zu tun, um deren Beteiligung und ihren wirtschaftlichen Wert zu erhalten und zu mehren, und demgemäß alles zu unterlassen, was sie gefährden könnte.“ Davon eingeschlossen ist eine Aufklärungspflicht bereits vor Beitritt der potentiellen Anleger über alle wesentlichen Punkte, die für die potenzielle mittelbare Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds von Bedeutung sind. Die auf dem freien Kapitalmarkt geworbenen Interessenten könnten erwarten, über das von Anfang an in der Hand der Treuhänderin stehenden Treugutes unterrichtet und aufgeklärt zu werden. Insbesondere ist der Treuhandkommanditist verpflichtet, auf regelwidrige Auffälligkeiten einer Anlage hinzuweisen. Auch falsche Vorstellungen der Anleger über die Risiken hat der Treuhandkommanditist zu korrigieren.
Diese Aufklärungspflicht der Treuhänderin besteht jedoch dann nicht, wenn die Anleger das Problem der Einlagenrückgewähr aus dem Beteiligungsprospekt hätten erkennen können und müssen. Entscheidend ist hierbei aber nicht, ob der Fachmann aus einem einzelnen Satz des Prospekts bei richtigem Verständnis den Schluss auf ein bestimmtes, aufklärungspflichtiges Risiko ziehen kann. Vielmehr ist der sich „aufdrängende Gesamteindruck auf einen verständigen Anleger“ ausschlaggebend. In dem konkreten Fall kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass von einem „verständigen Anleger“ nicht zu erwarten sei, dass er die Problematik der Kapitalerhaltung gem. § 171, 172 Abs. 4 HGB kennt. Vielmehr sei in dem konkreten Fall davon auszugehen, dass die Anleger damit rechnen, dass die Ausschüttungen den Erfolg ihrer Anlage widerspiegeln.