BGH setzt Entscheidung des EuGH zum Haustürwiderruf um

2019-03-12T13:17:02+00:0012. Juli 2010|

Der II. Zivilsenat hat mit Urteil vom 12. Juli 2010 (II ZR 292/06) die Entscheidung des EuGH vom 15.04.2010 umgesetzt. Der EuGH hatte entschieden, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürgeschäfte-RL) grundsätzlich auf den Beitritt zu einer Personengesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck eines solchen Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen.

Der Beklagte hatte 1991 aufgrund von Verhandlungen, die in seiner Privatwohnung geführt worden sind, seinen Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erklärt.

In einem Vorprozess forderte die Klägerin als Geschäftsführerin der GbR vom Beklagten die Zahlungvon Nachschüssen, die die Gesellschafterversammlung der GbR zur Beseitigung von Unterdeckungen beschlossen hatte. Im Laufe des Verfahrens hat der Beklagte seine Mitgliedschaft in der GbR fristlosgekündigt und die Beitrittserklärung nach § 3 HWiG (jetzt § 312 BGB) widerrufen. Die Klage ist im Vorprozess mit der Begründung abgewiesen worden, nach wirksamer Kündigung des Gesellschaftsbeitritts durch den Beklagten bestünden zwischen den Parteien nur noch Ansprüche nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Die Nachschussforderung sei daher nicht mehr selbständig einklagbar, sondern sie sei als unselbständiger Rechnungsposten in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung einzustellen.

Die Klägerin hat dieser Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Vorprozess Rechnung getragen undeine Auseinandersetzungsrechnung erstellt, die ein negatives Auseinandersetzungs-„Guthaben“ desBeklagten – d.h. einen Anspruch der Gesellschaft gegen den Beklagten auf Verlustdeckung nach § 739 BGB – ausweist. Der Beklagte betreibt gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung aus demKostenfestsetzungsbeschluss des Vorprozesses. Die Klägerin hat mit ihrer Forderung gegen denBeklagten auf Zahlung dieses Anspruchs auf Verlustdeckung die Aufrechnung gegen die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erklärt und im vorliegenden Rechtsstreit Vollstreckungsgegenklage erhoben. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. DasBerufungsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin. Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat hatte ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG an den EuGH gerichtet (II ZR 292/06, ZIP 2008,1018).

Wie berichtet, hatte der EuGH am 15.04.2010 entschieden, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürgeschäfte-RL) grundsätzlich auf den Beitritt zu einer Personengesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck eines solchen Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Zugleich stehe Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie einer Rückabwicklung eines wirksam widerrufenen Gesellschaftsbeitritts nach den Grundsätzen der im deutschen Recht anerkannten Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen, auch wenn dadurch der Verbraucher möglicherweise weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhalte oder sich am Verlust des Fonds beteiligen müsse (Urt. v. 15. April 2010 – C-215/08, DStR 2010, 878). Nach dem Urteil des EuGH bleibt daher die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar.

Der II. Zivilsenat hat auf die Schlussverhandlung nunmehr die landgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Verlustausgleich auch dann zu, wenn der Beklagte seinen Beitritt zu dem geschlossenen Immobilienfonds wirksam nach § 3 HWiG (jetzt § 312 BGB) widerrufen hat. Die Klägerin konnte mit diesem Anspruch gegen die Kostenforderung aufrechnen, so dass die Vollstreckungsgegenklage begründet ist.