BGH: Zinsswap-Verfahren

2019-03-12T13:06:37+00:0022. März 2011|

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22. März 2011, Az. XI ZR 33/10, entschieden, dass dem Anleger ein Schadensersatzanspruch wegen Beratungspflichtverletzung zusteht, wenn die Bank nicht sicherstellt, dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat, wie die ihn beratende Bank.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Deutsche Bank einem mittelständischen Unternehmen einen „CMS Spread Ladder Swap“ verkauft. Spread Ladder Swaps beruhen auf der Differenz (Spread) zwischen langfristigen und kurzfristigen Zinsen. Die Erwartung bei den Swaps (englisch: „tauschen“) war, dass die langfristigen Zinsen stärker steigen als die kurzfristigen. Spread Ladder Swaps stellen damit eine Wette auf die künftige Zinsentwicklung dar. Hierbei hatte die Klägerin große Verluste hinnehmen müssen.

Der XI. Senat befand, die Bank habe ihre Beratungspflicht verletzt. Die Pflichtverletzung liege darin, dass die Bank die Klägerin nicht darüber aufgeklärt habe, dass der von ihr empfohlene Vertrag zum Abschlusszeitpunkt einen für die Klägerin negativen Marktwert in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme aufwies.

Die Pflichtverletzung ergebe sich aus der Struktur des Anlageproduktes. Die Differenz der verschiedenen Zinssätze werde nach einer Formel berechnet, die die Bank selber aufstellt. Damit bestimmt sie die Gewinn- und Verlustchancen ihrer Anleger. Aus diesem Grund musste die Beklagte, so die Richter, die Klägerin unmissverständlich über den von ihr bewusst strukturierten negativen Anfangswert des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages aufklären. Denn der von der Beklagten einstrukturierte anfängliche negative Marktwert sei Ausdruck eines Interessenkonfliktes. Diesen habe eine Bank jedoch zu vermeiden. Nach Ansicht des BGH steht dem nicht entgegen, dass die wirtschaftliche Prognose zum Beratungszeitpunkt vertretbar war. Dies sei für den Anleger irrelevant, da aus seiner Sicht die Anlage in einem anderen Licht erscheine, wenn er wüsste, die Anlage sei so konzipiert, dass die Zinsberechnungsformel für seine Zahlungen so strukturiert wurde, dass der Markt seine Risiken negativer sehe als die gegenläufigen Risiken seiner – ihn beratenden – Bank.

Die Aufklärungsbedürftigkeit entfiel nach Ansicht des Senats auch nicht deshalb, weil auf Seiten der Klägerin eine Diplom-Volkswirtin an den Gesprächen teilnahm. Vielmehr könne man bei einem so hoch komplex strukturierten Finanzprodukt wie einem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass ein Kunde auch bereit sei, hohe Risiken zu tragen. Dies gelte selbst dann, wenn die beratende Bank Risiken des Produkts anhand von Berechnungsbeispielen schildert und auf ein „theoretisch unbegrenztes“ Verlustrisiko hinweist.