Zur Aufklärungspflicht bei offenen Immobilienfonds

2019-03-12T10:53:21+00:0029. April 2014|

Nach Ansicht des BGH vom 29.04.2014 (Az. XI ZR 130/13) muss eine Bank – im Rahmen der Anlagenvermittlung offener Immobilienfonds – den Anleger ungefragt über die Möglichkeit einer zeitweiligen Aussetzung der Anteilsrücknahme durch die Fondsgesellschaft aufklären.

Im betreffenden Sachverhalt begehrt die Klägerin von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds. Im Rahmen eines Beratungsgesprächs empfahl eine Mitarbeiterin der Beklagten der Klägerin Anteile an einem Fonds zu erwerben. Die Beraterin wies die Klägerin allerdings nicht darauf hin, dass die Rücknahme der Fondsanteile ausgesetzt werden kann. Die Klägerin zeichnete eine Beteiligung und die Beraterin übergab der Klägerin eine Werbebroschüre. In dieser Broschüre findet sich mehrmals der Hinweis, dass bei offenen Immobilienfonds grundsätzlich börsentäglich zurückgegeben werden können. Jedoch könne unter bestimmten – vertraglich festgesetzten – Umständen die Rücknahme von Anteilen bis zu einer in den Vertragsbedingungen festgelegten Frist ausgesetzt werden. Die Rücknahme der Anteile des Fonds wurde sodann später ausgesetzt. Der Fonds wird inzwischen abgewickelt. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten das investierte Kapital abzüglich der bereits erhaltenen Ausschüttungen zurück. Sie meint, dass sie auf die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme habe hingewiesen werden müssen. Das Landgericht gab ihrer Klage statt. Die Berufung der Beklagten änderte daran nichts.

Der XI. Senat bezog in der umstrittene Frage, ob eine beratende Bank verpflichtet ist, ihre Kunden im Zusammenhang mit der Empfehlung eines offenen Immobilien-fonds über die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme nach § 81 InvG ungefragt aufzuklären, zugunsten der Anleger Stellung. Die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme in offenen Immobilienfonds stellt ein prägendes Strukturprinzip und ein ihr grundsätzlich innewohnendes (Liquiditäts-)Risiko dar. Eine solche Aufklärungspflicht bedarf auch keiner sich verdichtender Anzeichen für eine bevorstehende Aussetzung der Anteilsrücknahme. Der Umstand, dass die Anleger ihre Anteile während einer Aussetzung der Anteilsrücknahme jederzeit an der Börse veräußern können, spricht nicht gegen die Pflicht der Bank, über die Möglichkeit einer solchen Aussetzung aufzuklären. Die Möglichkeit der jederzeitigen Anteilsliquidierung stellt angesichts bestehender Beeinflussungen des Preises durch spekulative Elemente kein durchschlagendes Argument dar. Diese Möglichkeit ist gegenüber der gesetzlich geregelten Möglichkeit, die Anteile zu einem vorab festgelegten Rücknahmepreis an die Kapitalanlagegesellschaft zurück zu geben, kein gleichwertiger Ersatz. Schließlich kann sich die Bank auch nicht auf die übergebene Informationsbroschüre berufen. Denn zwischen der Anlageentscheidung und der Übergabe der Basisinformationen bestand kein konkreter Zusammenhang. Die Broschüre war nicht in der Lage den Anleger ausreichend zu informieren. Sie enthielt nur die lediglich pauschale Information, dass die Vertragsbedingungen des jeweiligen Fonds eine solche Befugnis zur Aussetzung vorsehen muss. Diese Information hätte die Broschüre aber gerade für den betreffenden Fonds enthalten müssen.