Zur Zulässigkeit von Kostenvereinbarungen bei „Netto-Policen“

2019-03-12T10:49:33+00:005. Juni 2014|

Der Bundesgerichtshof entschied am 5.06.2014 (Az. III ZR 557/13): Eine zwischen einem Versicherungsvertreter und seinem Kunden vereinbarte separate ratenweise Zahlungsvereinbarung für die Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags mit Nettopolice, welche auch im Kündigungsfall des Versicherungsvertrags zur Fortzahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, kann zulässig sein.

Die klagende Bank nimmt die Beklagte Kundin auf Zahlung der restlichen Vergütung für die erfolgte Vermittlung von zwei fondsgebundenen Lebensversicherungen in Anspruch. Bei den vermittelten Versicherungen handelte es sich um sogenannte Nettopolicen, bei denen die zu zahlenden Versicherungsprämien keinen Provisionsanteil für die Vermittlung des Vertrags enthalten. Stattdessen schlossen die Parteien zwei vorformulierte „Vergütungsvereinbarungen“, wonach sich die Beklagte jeweils verpflichtete, an die Klägerin eine (Vermittlungs-)Vergütung zu entrichten. Versicherungsbeginn war jeweils der 1. Februar 2008. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 14. März 2008 bereits die Kündigung der beiden vermittelten Lebensversicherungen nebst Vergütungsvereinbarungen und mit Anwaltsschreiben vom 30. September 2008 den Widerruf der Vergütungsvereinbarungen. Nach der Gesamtfälligstellung berechnete die Klägerin eine restliche Vergütungsforderung die sie mit der vorliegenden Klage nebst Zinsen und Kosten geltend macht. Sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich wurde dem Klägerbegehren nicht gefolgt. Der Bundesgerichtshof entschied hingegen bezüglich der Wirksamkeit der streitigen Vereinbarung im Sinne des Klägers.

Eine solche Vereinbarung ist nicht nach § 307 I und II BGB unwirksam, da sie keine gegen Treu und Glaube verstoßende Kundenbenachteiligung darstellt. Schutzwürdige Interessen des Versicherungsnehmers sind nicht ersichtlich. Insbesondere gleicht sich unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Umstand, dass sich der Versicherungsnehmer einem Provisionsanspruch aussetzt dadurch aus, dass eine vermittelte „provisionsbereinigte“ Nettopolice-Lebensversicherung als solche preisgünstiger ist als eine herkömmliche Bruttopolice-Lebensversicherung. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Kunde im Falle einer vorzeitigen Kündigung des Versicherungsvertrags bei einer Nettopolice deutlich schlechter stellen kann als bei einer (dem Schicksalsteilungsgrundsatz unterliegenden) Bruttopolice. Dieser Umstand führt aber nicht schon für sich zur Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung.

Der Vermittler hat vielmehr auf diesen Umstand im Rahmen seiner Beratung deutlich hinzuweisen. Denn dieses Risiko ist einen normalen Kunden nicht als allgemein bekannt vorauszusetzen. Wie diese Aufklärung im Einzelnen zu geschehen hat, hängt von dem erkennbaren Aufklärungsbedürfnis des Kunden und den sonstigen Umständen des Einzelfalls ab. Dieser Aufklärungspflicht kam die Klägerin nach.

Schließlich verneint der zuständige III. Senat einen Verstoß der Vereinbarung gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 169 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 2 VVG n.F.. Aus den Motiven des Gesetzgebers sowie dem Wortlaut des § 169 VVG, seinem systematischen Zusammenhang und Zweck ergibt sich nämlich, dass hiervon allein die Fälle der Einrechnung der Abschlusskosten in die Versicherungsprämien (Bruttopolice) betroffen sind und die Möglichkeit, die Zahlung von Abschlusskosten gesondert zu vereinbaren, unberührt bleiben soll.